"Auf diesem Blog verarbeiten wir die Erlebnisse und Eindrücke unserer Schottlandrundreise im Jahre 2013.
Jede Woche kommt ein neuer Tag hinzu. Schaut doch mal wieder vorbei!"

Sonntag, 16. Februar 2014

Tag 2



Tag 2 Do. 09.05.13 
    
Quelle:https://mapsengine.google.com


Strecke: Vom Hafen Newcastle (England)  nach Dumbarton  über Glasgow 348km (geplant). In Wirklichkeit bis Muirkirk unter Glasgow und nur 237 km.



Viel Text und wenig Bilder – aber die Emotionen müssen raus, und davon gab es an dem Tag reichlich. Freude, Begeisterung, Verzweiflung, Resignation, Hoffnungslosigkeit …

Nach einer prima Nacht weckt mich am Morgen mein sanfter Handywecker. Die Sonne scheint durchs Bullauge und die See ist nur durch sanftes Schaukeln zu spüren. Ich bin überrascht, trotz des dröhnenden Motors habe ich geschlafen wie ein Baby und bin deswegen fit wie ein Turnschuh. Super, es gibt nix schlimmeres als körperlich am Tiefpunkt Mopped fahren zu wollen. Die Mischung Fastfood, Alkohol und Ohropax werde ich mir auf jeden Fall merken!
Unsere 4 Mann Luxuskabine

Die anderen Mitschläfer waren auch wach geworden, kurze Absprache wer als erster raus musste – ich durfte am längsten liegen und noch ein paar Minuten in der Koje lungern. Die anderen duschten derweil und zogen sich an und verließen die Kabine. Nachdem ich dann auch endlich fertig war (irgendwie war ich auf der Tour immer der Letze) ging es hoch zum Frühstück, es war auf der Hinfahrt mit im Fährpreis enthalten. Im großen Salon Kaffee trinken und lecker Rührei mit Schinken essen – es hat sich gelohnt das auf der Hinfahrt mit zu buchen. Danach waren noch 2 Stunden Zeit, wir schlenderten nochmal durch die Geschäfte und ließen uns die Seeluft um die Nase wehen. Ich hatte meine große Spiegelreflex-Kamera zuhause gelassen und mir stattdessen die kleine rosa Kamera meiner Schwester ausgeborgt. Mit der wollte ich jetzt ein paar Fotos schießen. Leider hatte die Knipse bei der Verzurr Aktion im Tankrucksack einen Schlag aufs Objektiv bekommen. Das Display blinkerte zwar, aber das Objektiv fuhr nicht mehr aus. Das Teil war Schrott und nun blieb uns nur Svens Kamera um ein paar eindrucksvolle Bilder zu machen.
Allmählich wurde es Zeit die Klamotten anzuziehen und die Kabine zu räumen. In gewohnter Aufteilung, 2 Mann in der Kabine, 2 davor, zogen wir die Moppedsachen wieder an. Zirka 30 min vor dem Anlegen wurde das Fahrzeugdeck geöffnet. Erstmal abwarten, gemach gemach, wir haben ja noch Zeit, nur keine Hektik…. Dann erstürmten wir doch viel zu früh das Fahrzeugdeck. Kurzer prüfender Blick, alle Motorräder standen noch an ihrem Platz und keine Emme ist zur Emmelie degradiert worden. Ich musste eigentlich  nur den Tankrucksack festschnallen und die Gurte lösen – schon wäre ich abfahrtbereit. Das mit dem Tankrucksack auf die Kare  schnüren ging perfekt, aber der coole Boss Hosser links neben mir hatte einen seiner Spanngurte über meinen gespannt so das ich ihn nicht lösen konnte. Seinen Riemen fasse ich nicht an (lol), nicht dass der Riesenhaufen Schwermetall umfällt und ich dann schuld bin. Also warten!  Ich sehe einen ca. 14jährigen Jungen in Moppedklamotten mit suchendem Blick an der Zugangstür zum Fahrzeugdeck stehen. Er ist mir gestern schon aufgefallen. In dem Alter einer Motorradtour mit dem Vater nach Schottland machen – eine tolle Geschichte, hätte ich auch gerne gemacht! Mit kurzem Winken errege ich seine Aufmerksamkeit und zeige dann auf seinen Vater, der in dem Chaos 3 Reihen vor mir steht und gerade seine BMW (was sonst) abspannt. Dankend winkt der Bub zurück und wieselt zu seinem Papa.
Alle Motorräder sind inzwischen frei und viele Fahrer sitzen schon drauf. Nur die große schwarze Hoss und die kleine schwarze Emme sind noch verschnürt. Kurz vor dem Öffnen der Rampe kommt der Boss der Hoss und löst auch seine Gurte. Endlich kann ich meinen letzten Gurt lösen, grob zusammenlegen und an die Wandhalterung hängen.
Das Anlegen der Fähre merkt man kaum. Man steht einfach nur rum und wartet dass es los geht.
Vorne werden dann die ersten Motoren gestartet und viele weiter hinten folgen dem Herdentrieb. Ein Haufen laufende Motoren in dem kleinen Raum, da freut sich die Lunge. Der clevere BMW-Treiber vor mir hat seine Kiste natürlich auch gestartet, die Abgase bekomme ich genau ins Gesicht. Irgendwie zur Seite ausweichen kann ich nicht, und wenn ich könnte - da duftet es genauso. Also nur ganz flach Atmen. Es stinkt extrem und mir wird langsam blümerant. Um mich herum dröhnen nun alle Motoren, und zum flauen Gefühl des Erstickens gesellt sich noch kurz die Angst dass der MZ-Motor nicht anspringt. Wäre ja zu peinlich, es müssten wie beim Formel 1 Start alle um mich rumfahren. Aber der Motor sprang brav an (rotes Knöpfchen und das Gesinge – ihr erinnert euch…). Ich trage nun auch zur Luftveränderung auf dem Fahrzeugdeck bei. Mir wird tatsächlich leicht übel, ich atme pure Abgase ein. Aber ehe ich umfalle werden vorne die Gänge krachend eingelegt und es geht Reihe für Reihe los. Wir fahren nebeneinander das lange Fahrzeugdeck entlang und schließlich zu zweit die steile Rampe runter. Zum ersten Mal befahre ich britischen Boden, ein schönes Gefühl und ich freu mich dass ein jahrelanger Wunsch von mir in Erfüllung gegangen ist! Schottland mit dem Motorrad!!! Bevor es richtig auf die Insel geht stoppt aber die Motorradkarawane, man muss sich  brav in die Reihe am Grenzhäuschen anstellen und warten bis man dran ist. Meine Kollegen waren durch das Rausfahren noch weiter hinter mir. Bei meinen Vordermännern sah ich die Einreiseprozedur, den Personalausweis der Dame geben und Helm runter damit sie das Gesicht sieht. Außer man hat einen Klapphelm – da reicht Klappe hoch. Also das Portmonee  aus der Jacke gefummelt, die Kunststofftüte drum rum (Nässeschutz!) abgemacht und den Perso rausgefingert und auf den Tankrucksack gelegt. Nach ein paar Minuten durfte ich dann an den Schalter rollen. Motor aus, Ausweis rübergereicht, vorsichtig Brille abnehmen, Helm runter und dabei die Brille nicht fallen lassen. Als ich oben ohne bin wird freundlich zur Lady rüber geschaut, sie vergleicht die zwei Gesichter vor ihr und tippt kurz was in ihren Rechner. Ich stehe nicht in der NSA-MI5-Fahndungsliste, also bekomme ich meinen Ausweis wieder, setze wieder denn Helm auf, Brille rein und weiter geht es (Brille auf Mopped ist doof!).  Als nächstes ging es durch die Zollkontrolle, aber für Konterbande ist der Laderaum auf einem Motorrad wirklich zu klein. Wir fahren alle unbeachtet durch und verlassen den eingezäunten Hafenbereich. Davor ist ein großer Parkplatz.  Ich halte an und warte auf die Kumpels die noch an der Passkontrolle stehen. Kleckerweise kommen sie nach ein paar Minuten an.  Wir stehen noch eine Zeit rum, ratschen und besprechen die Weiterfahrt. Derweil fährt der Boss Hosser donnernd an uns vorbei. Schon ein eindrucksvolles Motorrad samt Fahrer, wir werden ihn in 2 Tagen wiedersehen.
Schon auf den ersten Metern 6 Kreisverkehre
 Das Wetter ist recht gut, sonnig mit einigen Wolken. Die Regensachen können also verpackt bleiben. Noch schnell Uhren und Handys eine Stunde zurückgestellt, laut Ortszeit war es halb 11. Die Tagesroute musste noch ins Navi eingegeben werden und danach fuhren wir  los. Marc als unser Navigator und Pfadfinder vorneweg, der Rest der Bande folgte in wechselnder Reihenfolge hinterher.
Damit sich die Leute vom Kontinent schnell an den Linksverkehr und die verkehrten Roundabouts gewöhnen haben die Engländer auf den Straßen vom Hafen raus aus Newcastle jede Menge dieser Kreisverkehre eingebaut. Die einspurigen Kreise sind zwar sehr ungewohnt, aber problemlos fahrbar wenn man in die richtige Richtung (also nach rechts) schaut und fährt. Die zweispurigen Kreise sind schon etwas heikler und wir sollten noch ein paar Probleme damit haben. Besonders blöd war das Marc dank Navi wusste wo es lang geht, der Rattenschwanz dahinter aber keinen Plan hatte. Wenn man durch den Verkehr getrennt wurde musste man immer höllisch aufpassen an welcher Ausfahrt die Vorderleute rausfuhren.  Aber aus Newcastle raus ging es ohne größere Probleme. Das Fahren auf der falschen Seite war schon sehr ungewohnt, man sagt sich immer Mantra artig „Links fahren, Links fahren“ und fühlt sich wie ein Fahranfänger. Marc hatte es besonders schwer, im Gegensatz zur Mantra-Stimme „Links fahren, Links fahren“  in seinem Kopf sagte die junge Dame aus dem Navi sehr oft „Fahren sie rechts“, „Fahren sie rechts“… wenn man da nicht durcheinander kommt! Ist er aber zum Glück (noch!) nicht.
Sagt mal, wo kommt ihr denn her?
-Aus Schlumpfhausen, bitte sehr!
Nachdem wir Newcastle verlassen hatten ging es auf der Autobahn aka motorway westlich weiter Richtung Glasgow. Autobahnfahren in GB ist einfach, man fährt einfach im Gegensatz zum Kontinent links wenn man langsam ist und muss nur auf die Leute achten die von links auf die Bahn auffahren.
Autobahnfahrten sind leider für Motorradfahrer ein echter Graus. Es gibt nur wenige Sachen die schlimmer sind, Platzregen zum Beispiel (aber dazu kommen wir später noch). Wir verließen deswegen bei Bramton die Autobahn und fuhren dann auf der Landstraße über Dumfries in Richtung Glasgow. Hier musste man wieder etwas mehr auf den Linksverkehr achten, aber das Mantra (Links fahren…) lief noch in meinem Kopf und außerdem fuhr mein Navigator sicher vorne weg. Die BMWs haben Tankreichweiten von deutlich über 350 km, im Gegensatz dazu liegen die MZ bei motorradtypischen 200 km ohne Reserve. Wir mussten also nach knapp 2 Stunden Tanken. Das war nicht anders als zuhause, nur auf den Scheinen war die Queen drauf und die Münzen hatten teilweise  12 Ecken. Danach habe ich eigentlich immer mit Plastik bezahlt, ging immer problemlos. An der Tankstelle trafen wir noch einen anderen deutschen Motorradfahrer mit dem wir uns kurz unterhielten. Er war alleine unterwegs und wollte ausschließlich im Zelt übernachten. Mutig bei dem Wetter der nächsten Tage. Als wir von der Tankstelle weiter fuhren leuchtete immer noch die gelbe Störungslampe in meinem Cockpit – bei jedem Start seit dem Ruhrgebiet hatte ich gehofft dass sie endlich ausbleibt. Das gelbe Leuten hinterließ jedes Mal ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Und das Gefühl sagte einem: Wenn dir hier die Karre verreckt bist du im Arsch. Nun, das Gefühl sollte zur Tatsache werden, allerdings doch etwas anders als gedacht.
Wirklich warm war es nicht
Weiter ging es Richtung Westen, flache Gegend, sanfte Hügellandschaft mit viel Gras und wenig Wald. So wie man sich England vorstellt. Unbemerkt überfuhren wir die schottische Grenze. Die Wolken wurden dunkler und es fing leicht an zu regnen. Der
Regen wurde stärker, aber wir waren alle mit Textilsachen unterwegs und es ging ohne Pause weiter. Irgendwann tauchte links ein Schild zu einem Castle auf. Ein schottisches Schloss stand auf unserem kurzen kulturellen Programm,  deswegen blinkte Marc und wir bogen in die kleine Seitenstraße ab. Kurz durch ein Waldstück, und dann ging es durch eine baumbestandene Allee mit dem grünsten fettesten Rasen der Welt, kein Wunder bei den Regen.
Ein Biorasenmäher bei der Arbeit
Abseits der Straße standen Schafe und  Lämmer grasend  auf dem Rasen, Biorasenmäher die uns in den nächsten 2 Wochen begleiten sollten. Das Schloss sah recht eindrucksvoll aus, war aber nicht für Besucher zugänglich. Ein geschlossenes Tor mit  Zaun drum rum – mehr war nicht zu sehen. 
Sieht nett aus, leider geschlossen

Erst wenn man näher ran geht sieht man die Regentropfen


Was macht der erfahrene Touri – er stellt sich davor und schießt  ein paar Fotos.  Als das erledigt war ging es zurück auf die Hauptstraße. Marc und Heiner vorne weg, ich hatte noch ein wenig gebummelt und Sven wartete auf mich. Unsere beiden Recken Marc und Heiner fuhren also auf der schmalen Allee vorne weg. Leider fuhren sie, wie es sich für brave Deutsche gehört,  ordentlich auf der rechten Seite – das Mantra („Links fahren, Links fahren“) war wohl beim Schloss geblieben. Logischerweise kam genau in diesem Augenblick eine Frau in einem japanischen Kleinwagen aus dem Wald und ging auf Konfrontationskurs mit unseren zwei Helden. Die Frau fuhr links wie es sich in GB gehört, unsere Recken fuhren rechts wie es normale Menschen gewöhnlich machen, und Sven und ich hupten uns die Seele aus dem Leib um die Kollegen zu warnen…  Kurz vorm Showdown kam es dann Marc doch zu komisch vor das der Kleinwagen stur links blieb und eine kleine, sehr schnell lauter werdende Stimme sagte ihm „Links fahren, Links fahren“… Kurzes Erschrecken – ich fahr falsch - und flugs wechselte er auf die linke Straßenseite. Tiefes Durchatmen bei Sven und mir, danach fuhren wir schnell, links wie es sich gehört, den beiden hinterher. Beim Passieren der etwas aufgeregten Kleinwagenpilotin  winkte ich ihr kurz entschuldigend zu – die Inselmenschen sind aber selber schuld wenn sie auf der falschen Seite fahren. Nachdem wir sicher auf der falschen (=linken) Seite fahrend die Hauptstraße erreicht hatten ging es weiter. Der Regen wurde immer stärker und wir hielten an um uns doch die Regenklamotten überzuziehen. Danach ging weiter durch die sanfte Hügellandschaft Südschottlands. Es regnete immer stärker und stärker, schließlich wurde es zu richtigem Platzregen. Eigentlich kein so großes Problem, wasserdichte Textilsachen und zusätzlich noch Regenjacke- und Hose drüber -  wir sollten einfach weiter fahren können. Um die Regenfestigkeit der MZ hatten Marc und ich sich ja schon zuhause gekümmert. Wir hatten die sehr wasserempfindlichen Zündspulen extra mit spezieller Abdichtmasse eingeklebt und uns extra lange Zubehörkotflügel montiert die verhinderten das die Zündspulen mit dem Wasser vom Vorderrad malträtiert wurden. 
Trotzdem wurde in irgendeinem kleinen Kaff (Cumnock) Marc vorne plötzlich langsamer und fuhr in eine Einfahrt. Alle fuhren hinterher, kurze Nachfrage was los ist. Seine Emme lief nicht mehr richtig. 100%ig Zündspule defekt, kein Wunder bei dem extremen Regen. Weiter vorne war eine Tankstelle (Afton Service Station) zu sehen, da können wir uns unterstellen und die Spule tauschen.
Unsere Schrauberhalle neben der Werkstatt
Darin haben wir Emmentreiber  ja Routine, in ner halben Stunde geht’s weiter! Direkt neben der Tankstelle war eine große leere Halle. Kurze Frage im Tankstellenshop – wir können rein und dort im Trockenen basteln. Also die waidwunde MZ reingeschoben, das ganze Gepäck abgebaut, und Ersatzspule aus dem Kofferraum geholt. Tank hochgeklappt und erstmal das ganze Szenario überblickt.

Erstmal das Gepäck runter

Ich zeige auf das stehende Wasser im Sicherungskasten unterm Fahrersitz. Ich erinnere mich an die Szene wie in Zeitlupe, Marc fasst in den Sicherungskasten und nimmt zwei drei kleine Steine aus der Abfluss Öffnung die sie verstopfen. Die Wassertropfen perlen ihm dabei langsam von der Hand, tropf, tropf, tropf. In dem Moment unbedeutend, aber später… Das ganze passierte 10..15 Minuten nachdem wir an der Tankstelle angehalten hatten. Egal, defekte Zündspule tauschen und weiterfahren. Normalerweise wird der Krümmer des Zylinders mit der defekten Spule heißer als der andere und man kann die defekte Seite recht schnell rausfinden. Aber hier waren beide Seiten gleich warm. Also zuerst linker Zylinder mit neuer Spule ausgestattet – Emme gestartet – lief scheiße. Aber kein Problem, nur die falsche Seite erwischt. Rechte Seite mit der neuer Spule ausgestattet - lief immer noch scheiße. Große Augen bei Marc und bei mir, jetzt wird es Gemischt! Also beide Zylinder mit neuen Spulen ausgestattet – wir hatten ja jeder 2 Ersatzspulen mitgenommen.
 Profischrauber bei der Arbeit, in 10 Minuten gehts weiter
Die MZ lief aber immer noch nicht und uns wurde klar dass wir ein größeres Problem hatten. Wackeln hier und gucken da – das Drecksstück (sorry Marc) wollte einfach nicht vernünftig laufen. Heiß diskutiert, Spulen noch paarmal geprüft und getauscht, schließlich in der Tankstelle noch neue ähnliche Zündkerzen gekauft und eingebaut… Der Bock wollte nicht vernünftig laufen.  Allgemeine Ratlosigkeit machte sich breit, das Ende von unserem Latein hatten wir erreicht. Als uns nichts mehr einfiel blieb nur eins, im Tankstellenshop nach einem Motorradwerkstatt fragen und professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Heiner managte das in seinem perfekten Englisch und teilte uns mit das in 45 Minuten ein Lieferwagen von einer Motorradwerkstatt in der Nähe kommen würde um die Emme abzuholen.  Solange mussten wir nun noch rumstehen, über die Ausfallursache rumrätseln, und besprechen was wir noch versuchen wollen um den Motor zum laufen zu bringen. Gegen 16 Uhr kam ein kleiner gelber Kastenwagen angefahren und ein freundlich blickender Mann mit sehr kurzen Haaren in unserem Alter stieg aus. Wir klagten kurz unser Leid und James entschied die Emme einzupacken und mit in seine Werkstatt zu nehmen. Heckklappen auf, Rampe ausgeklappt und eingehängt und schon wurde die MZ in den Kastenwagen geschoben. Die rechte Seite des Fahrzeuges war voller Werkzeug, aber links passte die Emme gerade so hinein, mit eingeklappten Spiegeln und allseitig 5cm Platz zur Fahrzeugwand. James ratschte noch zwei Gurte fest, schickte Marc auf den Beifahrersitz und ab ging es  zur Werkstatt. Mit den restlichen drei funktionsfähigen Motorrädern fuhren wir ihm durch den Regen hinterher. 15..20 Minuten später erreichten wir das Städtchen Sorn.
Sorn, klingt wie Zorn. Wir waren aber eher verzweifelt und ratlos, am ersten Tag und nach 200 km geht eins der Motorräder kaputt. Das kann doch alles nicht sein!
Werkstatt von James Morton
Wir bogen ab in James Garage (J.D Morton). Eine kleine feine Motorradwerkstatt, betrieben von einem Herzblut-Motorradfahrer. Alte Zweitakter-MZ kannte James, die neue 1000er Viertakter sah er zum ersten Mal. Aber wenn einer die Emme wieder zum Laufen bringt dann er! Marcs MZ wird in die Werkstatt geschoben, wir stellen unsere Büffel davor in den Regen ab.
Das Sorgenkind
Jetzt kam James große Stunde, mit unserer Hilfe wurde die Emme gestrippt, alle möglichen Teile wurden geprüft und getauscht, Zündung, Einspritzung usw … Die Emme blieb ob der schottischen Schrauberkunst unbeeindruckt und verweigerte weiterhin mit sächsischer Sturheit ihren Dienst.
Vier funktionierende Motorräder vor der Werkstatt, leider nur eine MZ dabei

Langsam dämmerte der Abend und es war klar dass wir unser Tagesziel auf keinen Fall erreichen können. Wir mussten dem gebuchten Hotel in Dumbarton absagen und uns eine neue Bleibe suchen. Die Hotelbestätigung hatte ich alle ausgedruckt und ich rief mit dem Handy die Servicehotline von booking.com an. Ich stornierte das Hotel in Dumbarton und da der morgige Tag sehr ungewiss war auch gleich noch das nächste gebuchte Hotel in Spean Bridge (Fort William). Wir hatten bei der Buchung extra darauf geachtet dass wir die Hotels bis zu 24h vorher kostenlos stornieren können. Bei dem heutigen Hotel in Dumbarton war die 24h-Frist schon lange abgelaufen und das Hotel in Spean Bridge war das einzige mit 48h-Frist…wir würden also zweimal die Stornierungskosten in Höhe von 100% bezahlen müssen. Hilft ja alles nix.
Das Sorn Inn Hotel direkt gegenüber
Der Abend dämmerte herein. Marc und Sven halfen James weiter bei der Fehlersuche und Heiner begab sich mit mir auf die Suche nach einem Schlafplatz für die heutige Nacht. Fast direkt gegenüber befand sich ein kleines feines Hotel, das Sorn Inn. Der Chef war ein lustiger portugiesischer Schotte der uns freudig begrüßte. Er hatte aber leider kein Zimmer mehr frei. Aber auch in Schottland kennt man sich im Hotelgewerbe untereinander und unser schottischer Portugiese rief bei einem B&B in der Nähe an um zu fragen ob wir dort schlafen können. Zwei Doppelzimmer waren zum Glück noch frei und wir sagten sofort zu. Aber ein bisschen Geschäft wollte sich unser portugiesischer Schotte nicht entgehen lassen und er lud uns zum Abendessen im Sorn Inn ein. Die Gaststätte sah vernünftig aus und wir hatte seit Verlassen der Fähre nichts mehr gegessen – wir stimmten also zu. Der weitere Plan sah so aus: Erst ein Abendessen im Sorn Inn, dann 20 min Fahrt zum B&B, dort nächtigen, am nächsten Morgen zurück zu James, die Emme wieder flottmachen und dann weiter Richtung Norden fahren. Heiner und ich gingen zurück in die Werkstatt und sahen gerade noch wie James die ausgebauten Einspritzdüsen in der Hand hielt. Sie funktionierten einwandfrei, im Gegensatz zum Rest des Motors. Wir erzählten den drein von unserem Plan für die Nacht. Alle waren einverstanden und so gingen wir vier rüber ins Sorn Inn um etwas zu Essen.
Hier musste das Steak ja schmecken

Der portugiesische Schotte (mitte) mit seinem Award
Es gab schottisches Bier und leckeres Steak. Und das Steak schmeckte so wie es sich gehört für ein Restaurant welches den schottischen Great Steak Award 2009 gewonnen hatte. Sehr gut! Super Essen in schöner Umgebung – mir hat es prima gefallen.
Bei gutem Essen sind die Sorgen vergessen
Die dunklen Wolken an unserem Horizont verwischte das Essen natürlich nicht. Als wir fertig waren war es draußen schon stockdunkel. Kurzer Blick zu James in der Werkstatt, er dokterte noch  immer am Motor rum, leider ohne Erfolg. Wir bestiegen unsere Motorräder um zum B&B zu fahren. Dank Koffer und Topcase hatte Heiner seinen Sozia Sitz frei, Marc fuhr also bei ihm mit. Die Wegbeschreibung zum B&B war denkbar einfach, die Straße lang bis in die übernächste Stadt, dort an dem traffic light links hoch bis zum rechts liegenden Haus, der Old Church. Da mir der Weg erklärt wurde und ich keinen zweiten Mann hinten drauf hatte fuhr ich vorne weg. Der Scheinwerfer der Emme ist nicht wirklich hell, vor mir sah ich deshalb nicht all zu viel in der regnerischen dunklen Nacht. Die Sache glich sich aber aus, da Heiners super-Beamer-Licht hinter mir sehr hoch eingestellt war sah ich nach hinten auch nichts. Aber wir erreichten die Ampel, bogen links ab und sahen eine richtige Kirche. Ich war etwas unschlüssig – sind wir hier richtig? Es stand zwar ein B&B-Schild davor, aber es war wirklich eine echte alte Kirche.
Das Wohnzimmer, in der Mitte die Eingangstür
Wir waren müde und k.o, also parkten wir vor der Kirche und klopften an die große Holztür. Ein freundlicher Herr öffnete die Tür und wusste sofort wer wir waren. Die Beschreibung von dem schottischen Portugiesen (4 deutsche Biker...) war wohl eindeutig gewesen. Die Holztür wurde uns weit geöffnet und wir standen sofort in einem piekfeinen englischen Wohnzimmer mit bestem hochglanzpolierten Holzparkett. Nur das Rennrad welches vorne am Sofa lehnte trübte irgendwie das Bild. Wir wurden mit unseren dreckigen klobigen Motorradstiefel über das edle Parkett geleitet. 
Zimmer von Heiner und Sven, angemessen würde ich sagen


Es ging über den Flur die Treppe hoch in den ersten Stock, alles war mit dickem flauschigem Teppich belegt. Als wir oben unsere Zimmer erreichten waren unsere Stiefel wieder sauber. Heiner und Sven bekamen das größte Zimmer des Hauses, inklusive Bad. Nobel nobel! Marc und ich bezogen ein Zimmer welches maximal 1/4 so groß war mit Bad über den Gang. 
Das andere Zimmer. wie bei Ernie und Bert...
Trotzdem war alles brandneu und super ausgestattet. Wir zogen unsere Sache aus und richteten uns häuslich ein.
Blick aus der Kirche auf Muirkirk
Dann gingen Marc und ich noch für ein paar Minuten rüber zu den feinen Herren. Dort erzählten wir noch ein wenig und überlegten was wir noch für Sachen an der Emme testen könnten. Der Tag war recht anstrengend gewesen, wir gingen also bald ins Bett und schliefen trotz der Ungewissheit über den nächsten Tag schnell ein.

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James hat leider keine Homepage, aber wenn ihr in der Nähe seid und ein Problem am Mopped habt:

J.D Morton & Son
10-12 Main St, 

Sorn, Mauchline, Ayrshire, KA5 6HU

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